
Was ist die ISO 3601 und wofür ist sie wichtig?
Was beinhaltet die ISO 3601 und warum ist sie für O-Ringe so wichtig? Hier erfahren Sie alles, was Sie über die ISO 3601 wissen sollten.
Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) hat heute den größten Markanteil aller in der Dichtungsindustrie genutzten Elastomere. Vor allem die Beständigkeit gegenüber Erzeugnissen aus Mineralöl verhilft NBR zu seiner großen Bedeutung. Die Grenzen für den Einsatz bestehen vor allem in der eingeschränkten Eignung für den Hochtemperaturbereich. Spielt Hitze im vorliegenden Einsatzbereich jedoch keine Rolle, lassen sich mit O-Ringen aus NBR dauerhaft zuverlässige Dichtungen herstellen.
NBR findet sich häufig unter der allgemeinen Bezeichnung Nitril-Kautschuk. Jedoch sind vielen Praktikern auch Markennamen wie Perbunan® oder Europrene® NBR geläufig. Auch die ältere Bezeichnung Buna-N® ist teilweise noch in Gebrauch.
Compounds für die industrielle Nutzung enthalten Anteile zwischen 18 und 50 Prozent des Basiselastomers. Dabei weisen viele Rezepturen einen mittleren Gehalt des Basiswerkstoffes auf. Das liegt daran, dass ein hoher Acrylnitril-Gehalt die chemische Beständigkeit verbessert, jedoch gleichzeitig die Kälteflexibilität einschränkt. Dabei wird auch die Gasdurchlässigkeit vermindert. Über die Rezeptur kann der Hersteller Dichtungselemente jedoch auch spezifisch auf maximale Kälteflexibilität oder maximale Medienbeständigkeit auslegen.
Verschiedenste Rezepturen können die Vorzüge von NBR je nach Anwendung optimal zur Wirkung bringen. Zur präzisen Einstellung der Werkstoffeigenschaften kommen viele Zusatzstoffe zum Einsatz.
Der allgemeine Temperaturbereich von NBR umfasst -25°C bis 120°C. Dieser Wert bezieht sich jedoch auf eine Standardrezeptur. In heißen Ölen altert NBR deutlich langsamer als an Heißluft. Besondere Compounds bieten die Eignung für einen Dauereinsatz bei bis zu -40°C.
Damit ist NBR zwar für einen breiten Anwendungsbereich geeignet. Jedoch gibt es einige O-Ring-Werkstoffe mit einem deutlich überlegenen Hochtemperaturverhalten. Beispielsweise erreicht FKM bei gleicher Tieftemperaturgrenze deutlich höhere Maximaltemperaturen. Auch dieser Werkstoff ist gegenüber mineralölhaltigen Produkten beständig. HNBR, also voll- oder teilhydrierter Nitril-Kautschuk eignet sich für Temperaturen bis 150°C.
In diesem Bereich sticht besonders die Reiß- und Abriebfestigkeit des Werkstoffes hervor. NBR ist beispielsweise eine der wenigen Optionen, falls O-Ringe für dynamische Dichtungen zum Einsatz kommen sollen. Die hohe mechanische Belastung durch sich bewegende Maschinenteile sorgt bei vielen anderen O-Ring-Werkstoffen für einen stärkeren Verschleiß und dementsprechend verkürzte Standzeiten.
Zudem spricht der geringe Druckverformungsrest für O-Ringe aus NBR. Von einer vorübergehenden Verformung durch Druckbelastung behalten Dichtungselemente aus NBR nur einen geringen bleibenden Effekt zurück. So können sie sich an kleine Relativbewegungen von Maschinenteilen und wechselnde Druckverhältnisse anpassen. Dabei bleibt die Dichtwirkung auch bei zyklischen Betriebsbedingungen dauerhaft aufrechtherhalten.
Dichtungselemente aus NBR zeigen eine gute Beständigkeit gegenüber vielen Medien, die in technischen Geräten und Anlagen vorkommen:
Medien dieser Art finden sich zum Beispiel im Bereich Heizung und Sanitär. Wasser mit Glykol als Frostschutz zirkuliert unter anderem in Solaranlagen oder Gebäudeheizungen. Als Hydraulikflüssigkeiten für den Einsatz in Anlagen mit hoher Brandgefahr dienen oft Öl-in-Wasser-Emulsionen. Sie verhindern, dass sich Flammen in Folge eines Funkenschlags ausbreiten. Solche HFA-Flüssigkeiten kommen beispielsweise in elektrohydraulischen Steuerungen für die Energieerzeugung zum Einsatz.
Neben der eingeschränkten Temperaturbeständigkeit disqualifiziert vor allem die Anfälligkeit für Ozon NBR für einige Einsatzbereiche.
In der Praxis sollten Anwender einige Vorkehrungen treffen, damit NBR-O-Ringe den Erwartungen an ihre Haltbarkeit gerecht werden können. Denn NBR ist in Standard-Compounds anfällig für den schädlichen Einfluss von Ozon und Sonnenlicht. Die Umgebungseinflüsse sorgen in kurzer Zeit für eine Rissbildung, die zu Leckagen führen kann. Geeignete Vorkehrungen bei Lagerung und Einsatz können jedoch teilweise Abhilfe schaffen. So sollten die Dichtungselemente aus NBR in entsprechenden Verpackungen gelagert werden. Zudem gilt es, die Lagerung in der Nähe von Ozonquellen zu vermeiden. Die Dichtungselemente sollten auch in einem spannungsfreien Zustand gelagert werden. Eine Lagerung im vormontierten Zustand kann dafür sorgen, dass die O-Ringe bereits mit Vorschäden eingebaut werden.
Für Betriebssituationen, in denen O-Ringe aus NBR dem Ozon ausgesetzt sind, sollten Anwender spezielle Compounds wählen. Das betrifft zum Beispiel Verschraubungen von hydraulischen oder pneumatischen Systemen, bei denen ein stetiger Luftaustausch stattfindet. Für solche Fälle hat sich die Mischung von NBR mit PVC bewährt. Eine weitere Alternative: Die Wahl eines Compounds mit Ozonschutzmittel als Rezepturbestandteil. Diese Werkstoffe weisen jedoch meist einen höheren Druckverformungsrest auf. Zumindest vorübergehenden Schutz für NBR-O-Ringe bietet das Einölen der Oberfläche bei der Montage. Zusätzlich kann die Hydrierung von NBR Temperatur- und Ozonbeständigkeit deutlich verbessern. Das Ergebnis ist der reaktionsträgere hydrierte Acrylnitrilbutadien-Kautschuk (HNBR).
Vier wesentliche Faktoren charakterisieren die Einsetzbarkeit eines Dichtungswerkstoffes für eine bestimmte Dichtstelle:
Dabei ist NBR eine von vielen Optionen aus den breiten Produktportfolios von Dichtungsspezialisten. Aufgrund seines Beständigkeitsprofils eignet sich der Werkstoff für viele Anwendungen mit Kontakt zu Medien auf Mineralölbasis. Dazu zählen etwa Kraftstoffe oder Schmieröle. In diesem Bereich fordern viele militärische Spezifikationen für Dichtungswerkstoffe den Einsatz von NBR. Dazu kommen die günstigen mechanischen Eigenschaften der Dichtungselemente aus NBR.
Das Beständigkeitsprofil deutet es bereits an: Dichtungselemente aus NBR finden sehr häufig in pneumatischen und hydraulischen Systemen Anwendung. Hydraulikflüssigkeiten auf der Basis von Mineralöl lassen den Werkstoff kaum quellen. Das gilt auch für Fette, Schmiermittel und Wasser. Automobilhersteller setzen O-Ringe aus NBR beispielsweise für Teile der Servolenkung ein.
Neben HNBR und FKM finden O-Ringe aus NBR häufig Verwendung in Armaturen und anderen Teilen gasführender Anlagen. Die entsprechenden Werkstoffe verfügen über die Zulassung nach DIN EN 549. Sie müssen Mindestanforderungen an die Gasdichtheit genügen.
Maschinen und Anlagen, die Stoffe oder Flüssigkeiten für den menschlichen Konsum herstellen, müssen hinsichtlich Hygiene und Sicherheit hohen Standards entsprechen. Denn es muss ausgeschlossen sein, dass schädliche Substanzen die Erzeugnisse verunreinigen. Daher sind nicht alle O-Ringe-Werkstoffe für diese Anwendungen zugelassen. NBR zählt zusammen mit EPDM, Silikon oder FKM zu den Elastomeren, die über die entsprechenden Freigaben verfügen. Unter anderem schreiben die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) oder die EU-Verordnung Nr. 1935/2004 die Kriterien für die Eignung vor. Einige NBR-Werkstoffe sind vom Umweltbundesamt über die KTW-Leitlinie für den Kontakt mit Trinkwasser freigegeben.
Wie bei vielen anderen Elastomeren können Anwender im Bereich der NBR-O-Ringe auf Compounds für spezielle Betriebssituationen zurückgreifen. Beispielsweise erweitern bestimmte Rezepturzusätze den Tieftemperaturbereich. Die Erfahrung zeigt zudem, dass besonders geeignete Rezepturen die Betriebszeiten von NBR-O-Ringen bei einer Dauertemperatur von 100°C zumindest verdoppeln können. Hier schaffen größere Schnurstärken zusätzliche Reserven. Im Abschnitt zum Schadenspotential durch Ozon findet sich bereits der Hinweis auf die Möglichkeit zur Hydrierung von NBR zu HNBR. Diese Maßnahme steigert die chemische Stabilität des Elastomers.
Aufgrund seiner hohen Verbreitung sind Dichtungselemente aus NBR in vielen Standardabmessungen in der Regel sofort verfügbar. Auch Sonderabmessungen oder -konturen lassen sich meist sehr flexibel realisieren. Dichtungshersteller setzen NBR daneben als Material für Stützringe ein. Diese Elemente schützen O-Ringe vor mechanischen Beschädigungen durch wechselnde Druckverhältnisse. Entsprechend eignen sich NBR-Rezepturen mit einer hohen Härte im Bereich von 90 Shore A für diese Anwendung. Die gute Medienbeständigkeit macht den universellen Einsatz möglich.
NBR hat seine entscheidenden Schwächen im Bereich Ozon- und Witterungsbeständigkeit. In vielen Anwendungen sind die O-Ringe jedoch von anderen Medien umgeben, sodass diese Defizite keine große Rolle spielen. Die vorteilhaften mechanischen Eigenschaften über einen breiten Temperaturbereich eröffnen NBR-O-Ringen ein breites Anwendungsfeld.
AUTOR DER DICHTUNGSAKADEMIE
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NBR O-Ringen haben den großen Vorteil, dass sie extrem preiswert sind und in diversen Anwendungen eingesetzt werden können.