O-RING NOrm ISO 3601 | Auslegung Einfach erklärt

Was ist die ISO 3601?

Die ISO 3601 ist auf internationalem Level mit Abstand die wichtigste O-Ring Norm. Sie ist in  fünf Teile eingeteilt und die Basis für die Auslegung und Bewertung eines O-Rings.

Teile

Inhalt

ISO 3601-1

Innendurchmesser, Schnurstärke, Abmessungen und Toleranzen

ISO 3601-2

Einbauräume und allgemeine Anwendungen

ISO 3601-3

Form- und Oberflächenanwendungen

ISO 3601-4

Auswahl und Arten von Stützringen

ISO 3601-5

Anforderungen an Elastomer-Werkstoffe

#1 Was genau ist die ISO 3601?

Die erste Fassung der internationalen Norm ISO 3601 wurde bereits im Jahr 1978 veröffentlicht. Damit wurde der Grundstein für genormte O-Ringe nach internationalem Standard gelegt.

Zunächst enthielt der erste Teil der Norm nur die Maße für O-Ringe zur allgemeinen Anwendung. Hierbei orientierte sich die ISO 3601 stark an der inzwischen veralteten deutschen Norm DIN 3771. Im Vordergrund standen zu diesem Zeitpunkt aber die zölligen O-Ringe, die aus der amerikanischen Norm AS568 entstammen. 

Erst seit dem Jahr 2008 spiegelt ISO 3601 auch die amerikanischen Abmessungen wider. Hinsichtlich des Wunsches nach einer internationalen Norm werden die amerikanischen Abmessung von der Einheit Zoll in Millimeter umgerechnet und so auch angegeben.

Angloamerikanische Maßsystem: Zoll („)
Metrisches Maßsystem: Millimeter (mm)

Des Weiteren markierte das Jahr 2008 noch aus einem weiteren Grund einen erheblichen Fortschritt für die Standardisierung von O-Ringen als Dichtungselement. 

Denn in diesem Jahr wurde Teil 2 der Norm veröffentlicht. Dieser Teil definiert die Einbauräume für O-Ringe in generellen Anwendungen der Fluidtechnik. Damit gab es zum ersten Mal Normgrößen mit abgestimmten Richtwerten zu der Angabe von Verpressung und Dehnung. 

Die Tabellen lassen die Arbeit in beiden Richtungen zu
1. Suche nach dem optimalen Einbauraum bei gegebener O-Ring Abmessung
2. Suche nach dem optimalen O-Ring bei gegebenen Einbauraum 

So bringen Teil 1 und Teil 2 einen erheblichen Mehrwert für Konstrukteure auf der ganzen Welt. Für eine Vielzahl von Standardanwendungen liefern die Tabellen alle wichtigen Richtwerte für die Gestaltung eines leistungsfähigen Dichtungssystems. 

Dazu tragen daneben auch Teil 3 und 5 entscheidend bei. Denn Qualitätskriterien an Herstellung und Rezeptur schaffen verbindliche Standards.

Zusammenfassung Kapitel 1: Einführung in die ISO 3601

Eule als NH Maskottchen

Die ISO 3601 ist die wichtigste O-Ring Norm und die Basis für die internationale Standardisierung von O-Ringe. Jeder ihrer 5 Abschnitte definiert einen wichtigen Bereich von O-Ringen.

#2 Wie wird ein O-Ring korrekt definiert? (Teil 1)

Grundsätzlich wird ein O-Ring vollständig durch die Angabe seines Innendurchmessers und der Schnurstärke beschrieben.

Entspricht die Kombination aus Innendurchmesser und Schnurstärke einer standardisierten Abmessungen, dann ergeben sich gleich zwei große Vorteile.

Die beiden Vorteile von genormten Abmessungen
1. Es ist wahrscheinlich, dass der Artikel ein kürzer Lieferzeit hat oder sogar lagernd ist.
2. Im Vergleich zu außergewöhnlichen Maßen, ist der Preis oft deutlich besser.

Genormte O-Ring Abmessungsliste | Hier klicken >>

Wichtig: Die ISO 3601 unterteilt O-Ringe in zwei unterschiedliche Klassen
Klasse A: O-Ringe für sensible Anwendungen wie die Luft- und Raumfahrt
Klasse B: O-Ringe für Standard-Anwendungen (Marktübliche O-Ringe)

Demzufolge ist der wesentliche Unterschied zwischen den O-Ringen aus Klasse A und Klasse B die Toleranzklasse. Entsprechend der sensible Anwendungen wird ein deutlich höherer Anspruch an die Maßgenauigkeit der O-Ringe gestellt.

Hinweis: Ist es nicht genau definiert, dann beziehen sich O-Ring Toleranzlisten immer auf O-Ringe aus Klasse B.

Toleranzliste für O-Ringe in Klasse B | Hier klicken >>

Zusammenfassung Kapitel 2: Definition eines O-Rings

Eule als NH Maskottchen

Ein O-Ring ist mit Angabe der Innendurchmesser und Schnurstärke vollständig beschreiben. Die ISO 3601 unterteilt O-Ringe in die Klasse A und B. Marktübliche O-Ringe entsprechen der Klasse B.

#3 Wie lege ich einen O-Ring optimal aus? (Teil 2)

Wie wir wissen ist die korrekte Auslegung eines O-Rings absolut entscheidend für eine langfristige Dichtwirkung. Demzufolge sollte sich bei der Auslegung von O-Ringen und Einbauräumen immer an die Angaben aus der ISO 3601-2 gehalten werden.

In der Praxis sind zwei Fälle wichtig
1. Einbauraum ist gegeben und es wird der passende O-Ring gesucht
2. O-Ring ist gegeben und es wird der passende Einbauraum gesucht

Für diese beiden Fälle gibt es eine entsprechende Tabelle. Mithilfe dieser Tabelle kann der passende O-Ring oder Einbauraum ganz einfach abgelesen werden.

Die Tabelle ist in 3 Anwendungsfälle unterteilt
1. Flanschdichtung
2. Kolbendichtung
3. Stangendichtung

Erklärung zur Tabelle
Alle Angaben in mm
Stärke = Schnurstärke
NB = Nutbreite
NT = Nuttiefe
statisch = Ohne Bewegung
dynamisch = Mit Bewegung

Einbauräume von O-Ringe nach ISO 3601

Mithilfe dieser Tabelle könne Sie immer ganz einfach nachlesen, welcher O-Ring zu welchem Einbauraum passt.

Zusammenfassung Kapitel 3: Auslegung eines O-Rings

Eule als NH Maskottchen

Mithilfe der Tabelle aus der ISO 3601-2 kann ganz einfach nachgelesen werden, welcher O-Ring zu welchem Einbauraum passt. Wichtig: Immer den Anwendungsfall berücksichtigen.

#4 Was ist bei der Qualität eines O-Rings entscheidend? (Teil 3)

In erster Linie wird die Fertigungsqualität eines O-Rings anhand von 6 Merkmalen bewertet:
1. Formabweichung, Versatz
2. Einkerbung
3. Fließlinien
4. Grat
5. Entgratungsbereich
6. Vertiefungen, Einzugstellen

Basierend auf diesen sechs Merkmalen sind in der ISO 3601-3 die zulässigen Abweichungen angegeben. Somit ist ein Standard geschaffen worden, der als Grundlage für die Bewertung eines O-Rings dient.

Welche Oberflächenabweichungen zulässig sind, hängt von dem „Sortenmerkmal“ des O-Rings ab. Insgesamt werden drei Sortenmerkmale unterschieden:

Die 3 Sortenmerkmale für O-Ringe
1. N: Standardqualität
2. S: Erhöhte Qualitätsansprüche
3. CS: Kritische Anwendungen

Nahezu alle O-Ringe werden entsprechend in der Standardqualität hergestellt. Soll ein O-Ring nach dem Sortenmerkmal „S“ oder „CS“ hergestellt werden, muss dies stets angegeben werden. Denn je spezieller die Anwendungsfälle der O-Ringe sind, desto engere Grenzen gelten für die Fehlergrößen.

O-Ringe mit dem Sortenmerkmal CS sind vor allem kritischen Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt oder Sauerstoffeinrichtungen vorbehalten. Die Toleranzen lassen sich nur mit einem erheblichen Aufwand in den Fertigungsprozessen erreichen. 

Zum Beispiel dürfen O-Ringe mit dem Sortenmerkmal CS gar keine messbaren Einkerbungen aufweisen. Dementsprechend liegen die Kosten dieser O-Ringe deutlich über denen von Standardqualitäten.

Zusammenfassung Kapitel 4: Qualität eines O-Rings

Eule als NH Maskottchen

Ein O-Ring kann eine der sechs verschiedenen Oberflächenabweichungen haben. Darüber hinaus werden O-Ringe in drei Sortenmerkmale (N, C, CS) eingeteilt.

#5 Welchen Arten von Stützringen gibt es? (Teil 4)

Der 4. Abschnitt der O-Ring Norm befasst sich mit dem Einsatz von Stützringen. 

In Abhängigkeit vom Schnurdurchmesser aus Teil 1 ordnet Teil 4 der Norm den O-Ringen Stützringe mit bestimmten Profilmaßen zu. Sie dienen dazu, O-Ringe gegen die Einwirkung von zu hohem Druck zu schützen. 

Wichtig: Hoher Druck und vor allem schnell wechselnde Druckverhältnisse können zu mechanischen Schäden am O-Ring führen. 

So kann er auf der druckabgewandten Seite in den Dichtspalt gepresst werden. Scharfe Nutkanten können dabei Teile des O-Rings abscheren. Das Schadensbild bezeichnen Dichtungsexperten auch als Spaltextrusion.

Als Gegenmaßnahme dienen Stützringe, die auf der druckabgewandten Seite platziert werden. Unter Belastung verformt sich der harte Stützring. Er verschließt den Dichtspalt, ohne ihn abzudichten. Stattdessen sorgt er dafür, sodass der O-Ring nicht einfließen kann. 

Profitipp: Unabhängig von der Druckrichtung empfehlen wir immer zwei Stützringe einzuplanen. Denn es passiert einfach zu oft, dass der Stützring auf der falschen Seite (druckabgewandten Seite) montiert wird. Hingegen bei wechselnden Druckrichtungen müssen zwei Stützringe verwendet werden.

Welche Arten von Stützringen gibt es?
T1: Spiralförmiger Stützring
T2: Schräg geschlitzter Stützring
T3: Ungeschlitzter Stützring
T4: Schräg geschlitzter, konkaver Stützring
T5: Ungeschlitzter, konkaver Stützring

Die Auswahl der passenden Variante erfolgt vor allem in Abhängigkeit von der Zugänglichkeit der Einbaunut und der Druckverhältnisse. Des Weiteren sollte auch betrachtet werden, ob es sich um eine ruhende oder bewegte Abdichtung handelt. 

Hinweis: Sinnvollerweise sind die Nutabmessungen in ISO 3601-2 auf die Abmessungen der Stützringe abgestimmt.

Zusammenfassung Kapitel 5: Stützringe für O-Ringe

Eule als NH Maskottchen

Ein Stützring unterstützt die Stabilität eines O-Rings bei hohen Drücken und schützt ihn vor Spaltextrusion. Insgesamt werden von der ISO 3601 fünf Arten (T1-T5) von Stützringen definiert.

#6 Was muss ein Elastomer-Werkstoff können? (Teil 5)

Medienangriff, Temperaturen und Druck: Diese Parameter geben hochspezifische Anforderungen an O-Ring Werkstoffe vor. 

Dabei geht es nicht nur um die Auswahl eines leistungsfähigen Basiselastomers. Auch die Rezeptur muss so gewählt sein, dass die Werkstoff Eigenschaften ideal zu den Betriebsbedingungen passen. 

Ob sie das tun, das lässt sich mit zahlreichen Kennzahlen zu mechanischen Eigenschaften, Temperatur- und Alterungsverhalten testen. 

Seit der ersten Fassung aus dem Jahr 2002 gibt ISO 3601-5 Anforderungen an die Eigenschaften von O-Ring-Werkstoffen vor. Jedoch war die Norm anfänglich allenfalls als allgemeine Auswahlhilfe geeignet. In Abhängigkeit von Kontaktmedien ließ sich ein geeigneter Elastomerwerkstoff identifizieren.

Jedoch bringt die Ausgabe von 2015 einen erheblichen Fortschritt. Denn sie definiert werkstoffliche Anforderungen an gängige O-Ring-Materialien. Darunter finden sich etwa NBR, HNBR, FKM und EPDM. 

Besonders wichtig: Neben der Rezeptur beeinflusst auch der Fertigungsprozess die Eigenschaften des Fertigteils. 

Vor allen Dingen der kritische Schritt der Vulkanisation wirkt sich auf die mechanischen Kennwerte aus. Von daher ist die Spezifikation der Eigenschaften am Fertigteil entscheidend.

Diese Kennwerte werden in der Praxis für die Überprüfung eines ausreichenden Vulkanisationsgrades genutzt. 

Ist der O-Ring konform zu Teil 5 der Form, dann ist der Anwender gegen grobe Abweichungen bei der Rezeptur und der Vulkanisation gleichermaßen abgesichert.

Zusammenfassung Kapitel 6: Anforderungen O-Ring Werkstoffe

Eule als NH Maskottchen

Im 5. Abschnitt der ISO 3601 werden Aussagen über die Anforderungen an die O-Ring Werkstoffe definiert. Hierbei steht insbesondere die Medien- und Temperaturbeständigkeit im Fokus.

#7 Interessante Fragen: Schnell und einfach beantwortet

Abschließend möchten wir noch einige kurze Fragen rund um das Thema der ISO 3601 beantworten.

#7.1 Welche O-Ringe fallen unter die ISO 3601-1 Klasse A?

Die ISO 3601-1 Klasse A enthält O-Ringe, die in sensible Anwendungen eingesetzt werden. Dabei ist eine sensible Anforderung z.B. die Luftfahrt oder ein Atomkraftwerk. Im Gegensatz zu den marktüblichen O-Ringen (Klasse B) müssen O-Ringe aus Klasse A innerhalb strenger Toleranzen und Qualitätsanforderungen liegen.

#7.2 Welche O-Ringe fallen unter die ISO 3601-1 Klasse B?

Die ISO 3601-1 Klasse B enthält alle marktüblichen O-Ringe ohne sensiblen Anwendungsbereich. Wenn nichts dabeisteht, dann wird von O-Ringen aus der Klasse B ausgegangen.

#7.3 Was muss gemäß ISO 3601 auf Datenblättern stehen?

Die O-Ring Norm gibt keine strikten Anforderungen an Datenblätter vor. Jedoch hat sich durchgesetzt, dass folgende Anforderungen auf Datenblättern stehen sollten:

Die 5 Pflichtangaben für O-Ring Datenblätter
Werkstoffangabe (ISO Bezeichnung)
Shorehärte (Shore A oder D)
Reißdehnung (%)
Zugfestigkeit (MPa)
Druckverformungsrest (%)

Darüber hinaus auch
Tr-10 (°C)
Dichte (g/cm³)
Weiterreißwiderstand (N/mm)

#7.4 Welche Abmessungsnormen gibt es neben der ISO 3601 noch?

ISO 3601 – Internationaler Standard – Zöllige und Metrische Abmessungen

DIN 3771 – Deutscher Standard – Seit 2010 von der ISO 3601 abgelöst

AS568 – Amerikanischer Standard – Zöllige Abmessungen

BS 1806 – Britischer Standard – Zöllige Abmessungen

BS 4518 – Britischer Standard – Metrische Abmessungen

SMS 1586 – Schwedischer Standard – Metrische Abmessungen

NFT 47-501 – Französischer Standard – Metrische Abmessungen

JIS B 2401 – Japanischer Standard – Metrische Abmessungen

„Ich bin überzeugt davon, dass wir unser Wissen mit der Welt teilen sollten. Ich hoffe, dass ich alle Ihre Fragen beantworten konnte. Sollten Sie noch Fragen haben, dann können Sie sich jederzeit gerne bei uns melden. Wir helfen Ihnen gerne weiter.“

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Luke Williams

Herr der O-Ringe
Autor der Dichtungsakademie

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